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2. DAS SELBSTVERSTÄNDNIS
DER MESSIANISCHEN JUDEN
 
 

Der messianische Jude sieht sich selbst als Teil des universalen Volkes Gottes, genauso jedoch als jemand, der noch eine Rolle spielt in Gottes Absichten durch die Nation Israel." (1)
 
 

Im Mittelalter mußten Juden, die in die Kirche eintraten, ihrer jüdischen Vergangenheit und allem, was jüdisch ist, absagen. Im Dritten Reich hingegen wurden die christusgläubigen Juden genauso behandelt wie ihre Mitjuden. Aus dieser geschichtlichen Situation kommen die messianischen Juden, und so fragen sie sich: Wo gehören wir hin? In die Kirche, ins jüdische Volk, oder in beides?"

In diesem Kapitel soll das Selbstverständnis der messianischen Juden, wo sich bei aller Vielfalt der Anschauungen gemeinsame Grundlinien finden lassen, dargestellt werden.

Dabei werde ich v. a. auf die zwei messianisch-jüdischen Theologien von Daniel Juster und David Stern zurückgreifen.(2)

Es gibt drei Themenkreise, auf welche die messianischen Juden großen Wert legen, vor allem im Kontakt mit Heidenchristen: Die weitergehende Berufung Israels, die Frage des Gesetzes und die Frage der Evangelisation unter Juden. Auf diese Themenkreise soll deshalb besonders ausführlich eingegangen werden.
 
 
 
 

I. Enterbungstheologie contra Ölbaumtheologie

In diesem Jahrhundert wurde im Nahen Osten wieder ein jüdischer Staat errichtet, in den inzwischen viele Juden zurückgekehrt sind. Dasselbe Staatsgebiet wird von den dort seit Jahrhunderten lebenden Arabern, den Palästinensern, beansprucht. Die Kirche ist durch diese Ereignisse herausgefordert, zu denselben Stellung zu beziehen. Die offizielle Theologie der Kirche jedoch lautet auch heute häufig noch, daß Israel als Volk von Gott her keine Zukunft mehr habe, weil die Kirche als das geistliche" Israel das alte" Israel ersetzt habe und die Verheißungen und Berufungen Israels auf die Kirche übergegangen seien. Diese Theologie nennt man im englischsprachigen Raum Covenant theology oder Replacement theology,(3) im deutschsprachigen Raum spricht man von Substitutions-Theorie" (Enterbungs-Theorie"). So erkannte z. B. der Vatikan den Staat Israel bis 1993 nicht an. In der evangelischen Kirche werden bezüglich des Staates Israel verschiedene Positionen vertreten.

D. Stern will die Trennung zwischen der Kirche und dem Volk Israel, die durch diese Theorien entsteht, aufheben und setzt ihnen die, wie er sie nennt, Ölbaum-Theologie", entgegen.(4) Angelehnt ist diese Theologie an das Bild vom Ölbaum in Römer 11,17-24. Stern interpretiert dieses Bild vom Ölbaum so, daß es nur einen Stamm gibt, nur ein Israel. Die Heiden sind als wilde Zweige eingepropft in den Stamm Israel, aber sie bilden nicht allein das neue Israel. Auch bilden die jüdischen und heidnischen Gläubigen nicht ein neues Israel, da die ausgebrochenen Zweige immer noch als Israel identifizierbar sind, auch wenn sie nicht teilhaben am Saft des Stammes. Gott bewahrt sie auf wunderbare Weise, so daß sie als ausgebrochene Zweige nicht absterben, sondern überleben, und wieder eingepropft werden können. So haben die echten Zweige, die eingepropften wilden und die ausgebrochenen echten jeweils ihre Teilhabe an dem einen Israel.

D. Juster wiederum bezeichnet den folgenden Satz als die Hauptthese seines Buches: Nämlich daß Juden unter dem Neuen Bund weiterhin berufen sind, ihre geschichtliche und nationale Identität als Teil Israels zu bewahren."(5)
 
 

II. Das Schriftverständnis der messianischen Juden

Die messianischen Juden kommen meist in einem evangelikalen Umfeld zum Glauben.(6) Dementspechend ist ihre Frömmigkeit und auch ihr Schriftverständnis meist evangelikal geprägt. Sie legen die Schrift in einem wörtlichen Sinne aus.(7) Die alttestamentlichen Verheißungen sehen sie nicht, wie oft die heidenchristliche Theologie, auf die Kirche übertragen, sondern sie deuten diese Verheißungen zweifach: Im geistlichen Sinne gelten sie der Kirche Jesu Christi, im wörtlichen jedoch dem jüdischen Volke. So sehen die messianischen Juden die Heimkehr des jüdischen Volkes und die Wiederinbesitznahme des Landes in diesem Jahrhundert als eine Erfüllung der alttestamentlichen prophetischen Verheißungen und als Zeichen der Endzeit und berufen sich dabei oft auf Lukas 21,24.(8)
 
 
 
 

III. Die messianischen Juden im jüdischen Volk
und in der Kirche

Die messianischen Juden sehen sich als zwei Gruppen von Menschen bzw. Völkern Gottes" zugehörig: Dem jüdischen Volk und der Kirche Jesu Christi.(9) Viele Probleme der messianischen Juden rühren daher, daß sie Schwierigkeiten haben, ihre Identität innerhalb dieser zwei Menschengruppen zu finden. Juster und Stern stellen beide das messianische Judentum als Schnittfläche zweier ineinander übergehender Kreise dar.(10) Der eine Kreis symbolisiert das Volk Israel, der andere Kreis die Kirche. Stern drückt es auch so aus: Die messianischen Juden sind 100% jüdisch" und 100% messianisch" (d.i. christlich).(11) In den letzten zwanzig Jahren legen die messianischen Juden mehr und mehr Betonung auf die Zugehörigkeit zum zweiten Kreis, zum Volk Israel.

In der Schnittfläche dieser beiden Kreise müssen die messianischen Juden ihre Identität finden und ihre Beziehung zu den beiden Kreisen. Bei dieser Suche nach ihrer Identität haben viele messianischen Juden große Schwierigkeiten.

Ich werde nun im folgenden die Beziehung der messianischen Juden zu den beiden Kreisen darstellen: Zum jüdischen Volk und zur heidenchristlichen Kirche.
 
 
 
 

IV. Die Beziehung der messianischen Juden zu Israel

1) Die Berufung Israels

Die Kirche ist ein erwähltes Volk aus Juden und Heiden, die durch den Glauben an Jesus Christus und durch die Taufe zur Kirche gehören und die in Christus eins sind (Gal 3,27f.). Viele Christen sagen, daß das jüdische Volk keine Rolle mehr hat in Gottes Heilsplan, weil die Vorrechte Israels auf die Kirche übertragen wurden. Die messianischen Juden jedoch glauben im allgemeinen, daß Israel als Volk von Gott erhalten wurde, weil es immer noch eine Rolle in Gottes Heilsplan spielt und spielen wird. So schreibt z. B. D. Juster: Der messianische Jude sieht sich selbst als Teil des universalen Volkes Gottes, genauso jedoch als jemand, der eine Rolle spielt in Gottes Absichten durch die Nation Israel."(12)

Juster und Stern untersuchen zum Thema Berufung Israels" die Bünde, die Gott mit dem Volke Israel schloß.
 
 

a) Die Bünde Gottes mit Israel

D. Juster stellt zunächst den Abrahamsbund dar,(13) in dem Gott Abraham folgendes verheißt: Eine große Nachkommenschaft, Segen (1Mo 12,1-3), Land zu ewigem Besitz" (1Mo 17,7f.) und die Zusage, daß Er dem Volk, das aus ihm hervorgehe, Gott sein" werde (ebd.). Juster argumentiert nun, daß nirgendwo in der Bibel aufgeführt sei, daß der Abrahamsbund aufgelöst sei, im Gegenteil, Gottes Berufungen sind unbereubar" (Röm 11,29), die Juden sind Geliebte um der Väter willen" (Röm 11,28). Der Bund mit Abraham ist ein ewiger Bund" (1Mo 17,7), was die Landverheißung mit einschließt (1Mo 17,8: Ich will dir und deinem Geschlecht nach dir das Land geben... zu ewigem Besitz"). Dies bezieht sich auch auf die Verheißung des Segens für die ganze Welt. Juster faßt deshalb zusammen: Die Errettung einzelner Juden ist nicht durch die Tatsache gesichert, daß sie zu Israel gehören. Israel als Nation jedoch ist immer noch Teil jenes Bundes, der Segen zu geben und zu empfangen verheißt, der Erhaltung und Land verheißt sowie ein Ziel als nationales Instrument von Gottes Absichten."(14)

Juster stellt dann den Abrahamsbund als einen Gnadenbund dar.(15) Der Bund sei Abraham durch Gnade, nicht aufgrund von Werken gegeben worden. Die Beschneidung folgte nach dem Bundesschluß, wie es auch Paulus in Römer 4 darstellt. Auch Stern betont, daß der Abrahamsbund außer der Beschneidung ein bedingungsloser Bund sei.(16) Der Bund verheißt dem jüdischen Volke, daß es ein Segen für die ganze Welt sein werde. Diese Verheißung habe sich erfüllt für diejenigen Juden und Heiden, die an Jesus Christus glauben. Der Segen für alle Völker sei gekommen durch Jesus Christus. Weil aber ganz Israel" ihn annehmen werde, deshalb werde Israel auch in der Zukunft als Volk, als nationale Einheit, Segen für alle Völker werden: Das jüdische Volk wird die Welt eines Tages auf noch nie dagewesene Art segnen (Sach 8,23)."(17) Auch im Thailand Report on Jewish People des Lausanne Committee for World Evangelization" heißt es: Gott berief Abraham aus den Nationen, errichtete einen universalen Bund mit dem Patriarchen [und verhieß], daß seine Nachkommenschaft ein Segen sein werde für alle Nationen (1Mo 12,1-3). Diese Verheißung schließt die Erhaltung Israels mit ein, damit Israel Gottes Absichten ausführt, was durch Jeremia bestätigt wurde (Jer 31,35-37). Paulus wiederholt diese Verheißung in Römer 11,1 Hat Gott sein Volk verstoßen? Keineswegs!' und nochmals in Römer 11,28 [...] aber in Bezug auf ihre Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen.' Gott hat deshalb das Israel nach dem Fleisch bewahrt und hat noch nicht abgeschlossen mit dem jüdischen Volk in Bezug auf seinen Erlösungsplan für die Menschheit."(18)

Als nächstes geht Juster auf den Sinaibund ein. Die Berufung Israels ist es nach 2. Mose 19,6, ein Königreich von Priestern zu sein. Der Priester ist ein Mittler zwischen Gott und Mensch.(19) Juster untersucht die Berufung Israels nach dem Sinaibund: Israels Bestimmung war, eine Nation von Priestern zu sein, es sollte deshalb ein nationaler Vermittler zwischen Gott und den Völkern der Welt sein. Israel sollte die Nationen zu Gott bringen und Gott zu den Nationen. Wie? Indem es eine Nation unter Gott, unter seiner Herrschaft oder seinem Bund ist, so daß das Leben gesegnet, gerecht und gesund wäre. [...] Gottes Wunsch war, daß eine Nation unter den Nationen sei, die seine Herrschaft demonstrieren würde. Und er hat diese Absicht nie geändert. Er erschuf Nationen in ihrer Verschiedenheit, aber Nationen müssen unter seine Herrschaft kommen (Apg 17,26). Der Zweck der universalen Kirche ist ein anderer: Die Kirche ist (streng genommen) keine Nation, eher eine Volksbewegung, die alle Nationen überschreitet und die sich aus allen Nationen versammelt. Gott jedoch hat seine Absicht nie aufgegeben, eine Nation zu erhalten unter den Nationen, um seine Herrschaft zu demonstrieren."(20)

Zuletzt kommt Juster auf den in Hesekiel und Jeremia verheißenen Neuen Bund zu sprechen (Jer 31,31-34; Hes 36,26ff.).(21) Die Empfänger dieses Neuen Bundes sind nach Jeremia 31,31 das Haus Israel" und das Haus Juda"! Auch in Hesekiel 36 wird in V.24 zunächst von der Rückkehr der Juden in ihr Land geredet, bevor in V.26ff. dann die Vergabe des neuen Herzens" und des neuen Geistes" an die Zurückgekehrten beschrieben wird. Juster führt aus, daß das messianische Zeitalter nach dem alttestamentlichen Zeugnis auch Heiden mitbeteiligt, die in Gemeinschaft mit Gott sind, daß dies aber in den obigen Passagen nicht die Blickrichtung sei.(22) Er führt weiter aus, daß der Neue Bund mit einschließt, daß die Juden wieder wohnen im Lande" (Hes 36,28; vgl. Hes 28,25f.). Der Neue Bund ist nicht wie" der Alte (Jer 31,32). Der Unterschied zum Alten Bund bestehe darin, daß das Gesetz (die Tora) ins Herz geschrieben wird (Jer 31,33). Hierzu kommentiert Juster: Der Neue Bund ist also keine Aufhebung der Tora, sondern eine Befähigung, in der Tora zu wandeln! Was für ein Gegensatz zu dem, was heute im allgemeinen gelehrt wird!"(23)

Nach B. Maoz ist der Neue Bund kein anderer Bund, sondern derselbe Alte Bund, wiederholt und erfüllt (Jer 31,33). [... Gottes] bedingungsloses Erbarmen wird in einer wunderbaren Erlösung, die physische, materielle, territoriale und politische Aspekte einschließen wird, ihren Höhepunkt finden. Aber ihre wichtigste Komponente ist geistlich."(24) Durch wen diese Erlösung eintreffe, sei aus dem NT klar ersichtlich: Durch Jesus, Israels wahren Messias."(25)

b) Die zukünftige Rolle Israels in Gottes Heilsplan

Durch diese Untersuchung der Bünde Israels wollen Juster und Stern zeigen, daß das Volk Israel auch nach dem Kommen Jesu noch eine Rolle in Gottes Heilsplan mit der Welt hat.

Deshalb, meint D. Stern, müsse das den Juden gepredigte Evangelium seine jüdischen Komponenten wieder zurückbekommen.(26) Er schreibt weiter: Ein wichtiges Gemeinschaftselement der Frohen Botschaft ist die Versicherung, daß Gott seine Verheißungen dem jüdischen Volk gegenüber an demselben als Volk erfüllen wird."(27) Er geht dann auf die zwei wichtigsten Verheißungen ein: Die Rückkehr der Juden nach Israel und das wiederhergestellte Königreich mit dem Sohne Davids als Regenten. Als neutestamentliche Belegstelle für eine von Gott verheißene Zukunft für das nationale Israel zieht Stern Matthäus 23,37-39 heran. Jesus redet mit dem Vers: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn" nach Stern die jüdische Nation an und verheiße ihr so eine nationale Errettung.(28) Eine weitere Belegstelle sei Römer 9-11, wo gezeigt werde, daß Gott sehr wohl seine Verheißungen Israel gegenüber einhalte - zu seiner Zeit auf seine Art -, so daß am Ende ganz Israel gerettet" werde.(29) Die Verheißung des Neuen Bundes im AT (Jer 31,30-37; Hes 36,22-36) schließe die Verheißung mit ein, daß Israel als Nation sicher im Land wohnen würde. Stern argumentiert so: Wenn man die Verheißung des Neuen Bundes in diesen Prophetenworten in Jesus erfüllt sähe, so müsse man glauben, daß auch die Verheißungen bezüglich des Landes erfüllt werden. Denn man dürfe die einzelnen Verheißungen nicht auseinanderschneiden".(30) Außerdem sei die Landverheißung Teil des Abrahambundes, der nicht aufgehoben sei.(31)

Stern geht dann auf die zweite Verheißung, die Verheißung des davididischen Königreiches, ein.(32) Während seines Dienstes hat Jesus seine Jünger immer zurückgehalten, ihn zur davididischen Herrschaft über Israel zu drängen. Er wollte ihnen zeigen, daß er zuerst für die Sünden der Menschheit ans Kreuz gehen mußte. Nachdem er allerdings den Kreuzestod erlitten hatte und wieder auferstanden war, fragten ihn die Jünger: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?" Seine Antwort war: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat" (Apg 1,6f.). Jesus sagte nicht, daß das Reich für Israel nicht aufgerichtet würde, sondern daß dies lediglich eine Frage der Zeit sei. D. Juster schreibt zu dieser Bibelstelle: Dieser Abschnitt sieht eine bleibende Absicht für die Nation Israel voraus, wie auch eine etwaige kommende irdische Herrschaft des Messias, so wie es von den Propheten verheißen wurde. Gleichwohl werden die Jünger angewiesen, auf die Ausgießung des Ruach Ha-Kodesh', des heiligen Geistes, zu warten, durch den sie mächtige Zeugen sein werden von all dem, was Gott durch Jeschua [Jesus] getan hat (Apg 1,8)."(33) Juster legt also dar, daß Jesus in Apostelgeschichte 1,6-8 sehr wohl die zukünftige Berufung Israels bestätigt, aber das Hauptgewicht auf die Evangelisation der ganzen Welt legt. Er schreibt auch: Israel wird wieder als geopolitische Einheit existieren, als ein Werkzeug von Gottes Offenbarung und Gericht, welches seine unwiderrufliche Berufung und Zweck ist (Röm 11,29)."(34)

R. L. Saucy stellt in seinem Vortrag God has not rejected his people, has he? A theology of hope dar, daß die alttestamentliche Prophetie Israel eine herrliche Zukunft verheißt, nicht um seiner selbst willen, sondern zum Segen aller Geschlechter der Erde (1Mo 12,3). Genauso habe nach der neutestamentlichen Botschaft Israel im Sinne eines aus den anderen Völkern erwählten Volkes ebendiese verheißene Zukunft, auch wenn es im Augenblick mehrheitlich seinen Messias ablehnt. Zur Beweisführung für die Existenz einer zukünftigen wiederhergestellten Nation Israel zieht Saucy die eben erwähnten Schriftstellen hinzu, wobei er zusätzlich noch auf Matthäus 19,28 zu sprechen kommt: Jesus verheißt dort seinen Jüngern, sie würden dereinst die zwölf Stämme Israels richten. Die primäre Bedeutung des hebräischen Wortes für µ (richten), ft, sei regieren".(35) Diese Verheißung Jesu bedeute also die Herrschaft der Jünger über eine wiederhergestellte Nation Israel.

Saucy argumentiert weiter, daß Israels Hoffnung sich zwar zum Teil schon erfüllt habe in der Kirche aus Juden und Heiden (vgl. Eph 2-3), nämlich in Bezug auf die geistliche Errettung in Christus. Die Apostel würden jedoch klar machen, daß diese teilweise Erfüllung nicht die vollständige Erfüllung für das Volk Israel aufheben würde. Diese liege noch in der Zukunft. Saucy schließt: Gottes Berufung und die Verheißungen, die er dem Volk Israel gegeben hat, bleiben immer noch bestehen. Er wird noch Gnade erweisen über sie, damit ihre Hoffnung in Christus vollständig erfüllt werden wird, um alle Familien dieser Erde zu segnen."(36)

2) Die Frage des Gesetzes

Luther betonte sehr stark das Gegensatzpaar Gesetz und Evangelium. Auch die evangelische Theologie legt häufig eine Betonung auf das Abgetansein der alttestamentlichen Tora in Christus. D. Stern kommentiert hierzu: Dies ist nicht das jüdische Evangelium."(37) Für die Juden ist nach dem Zeugnis David Sterns der Mangel einer korrekten christlichen Theologie bezüglich des Gesetzes das größte Hindernis, das Evangelium anzunehmen.(38) Stern und Juster kritisieren beide die heidenchristliche Theologie, wo sie sich gegen das jüdische Gesetz ausspricht.

Juster erklärt sich die Tatsache dieser Gesetzes-Kritik in der Theologie damit, daß einzelne Verse aus dem Kontext gegriffen werden. Der Kontext der Bibel sage aus, daß Paulus sich, wo es ihm erforderlich erschien, durchaus nach dem jüdischen Gesetz gerichtet habe.(39) Auch die frühchristlichen Schriften würden beweisen, daß die ersten Judenchristen ihr jüdisches Erbe bewahrt haben. Auf dem Apostelkonzil (Apg 15) sei es kein Thema gewesen, daß die jüdischen Christen ihr jüdisches Erbe nicht mehr praktizieren könnten.(40) Die Briefe des Paulus seien jeweils in spezifischen Situationen geschrieben, die berücksichtigt werden müssen. Daraus würde sich die Erkenntnis ergeben, daß Paulus nicht die Tora als solche kritisiert, sondern einen falschen Umgang mit der Tora: Das, was Menschen aus ihr gemacht haben, indem sie die Tora als Weg zu Gott und zur Gerechtigkeit vor ihm nahmen.(41) Ursprünglich entspreche der Gehorsam gegenüber der Tora einer Dankbarkeit für die Taten Gottes, z.B. der Befreiung aus Ägypten. In der nachexilischen und zwischentestamentlichen Zeit (300 v.Chr - 50 n.Chr.) hätte sich die jüdische Religion dann veräußerlicht. Die Weisungen der Tora seien in dieser Zeit immer mehr zu einer Werkgerechtigkeit geworden und nicht mehr als Führung für ein Volk verstanden worden, das auf Gottes Gnade reagiere.(42) Deshalb seien die Aussagen über die Tora in den Paulus-Briefen nicht gegen die Tora als solche gerichtet. Vielmehr würde es sich so verhalten: Meiner Meinung nach gilt Paulus' Kritik dem Gesetz als einem Verdienst-System, und dagegen, daß es jüdische Praktiken und jüdische Identität Nicht-Juden aufzwingt."(43)

In ähnlicher Weise übersetzt D. Stern in der von ihm herausgegebenen eigenen Übersetzung des Neuen Testaments(44) µ nicht mit Werke des Gesetzes", sondern mit gesetzlicher Beobachtung einzelner Tora - Gebote"; und für µ setzt er nicht unter dem Gesetz", sondern umschreibt: In Unterwerfung unter ein System, das von einer Pervertierung der Tora zur Gesetzlichkeit herrührt."(45) Paulus habe, so Stern, im Griechischen keinen Ausdruck für Gesetzlichkeit" zur Verfügung gehabt. Er führt weiter aus, daß die altkirchliche Theologie den Ausdruck µ" mißverstanden habe und deshalb zu der Behauptung gekommen wäre, die Tora sei nicht länger in Kraft.(46)

D. Juster unterscheidet zwischen dem Abrahams- und dem Mosebund.(47) Der Abrahamsbund sei nach wie vor gültig (Röm 11,29), der Mosebund dagegen sei als Bund nicht mehr gültig, und Gott habe dadurch, daß der Tempel zerstört wurde, auch die Möglichkeit genommen, diesem Bund zu folgen. Er schreibt: Als ein Bund, durch den wir Eintritt in die Gegenwart Gottes erlangen, ist dieser Bund abgesetzt."(48) Das heiße aber nicht, daß die Tora des Mose nicht, insofern sie das Opfer- und Priestersystem transzendiert, als Wegweiser für ein Leben in der jüdischen Berufung und Identität dienen kann. So seien die Feste eine nationale Einrichtung Israels, die an die Taten Gottes erinnern, die er schon Abraham verheißen habe. Sie sind also mit dem Abrahamsbund verbunden. Die Feste müssen allerdings in ihrem Zentrum Jesus Christus haben.(49) Ein weiterer Grund für die Bewahrung des jüdischen Erbes, wie es sich in der Tora niederschlägt, sei die Identifikation mit denen, die die messianischen Juden für das Evangelium gewinnen wollen - wie auch Paulus den Juden ein Jude" wurde, um sie zu gewinnen (1Kor 9,20).

Wie es für junge Kirchen in der Dritten Welt eine herausfordernde Aufgabe ist, ihre herkömmliche Kultur unter dem Licht des Evangeliums zu behandeln, so ist es auch für die messianischen Juden schwierig, den richtigen Umgang mit ihrem jüdischen Erbe zu finden. Der direkte Vergleich zwischen Naturvölkern und Israel ist allerdings nicht angebracht, weil das jüdische Volk von dem Gott berufen ist, der auch Urheber des Evangeliums ist, und weil die jüdische Tradition auf dem Alten Testament aufbaut, welches auch ein Buch der Christen ist. Die messianischen Juden verstehen sich als vollendete Juden" (engl. completed Jews), die eine Erfüllung ihres Jude-Seins erfahren haben durch den Messias Israels, Jesus Christus. Sie verstehen sich nicht als ehemalige Juden, sondern sehen ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Volk als vollendet in dem Messias Jesus. Sie finden dies bestätigt in dem neutestamentlichen Wort in 2Kor 1,20: Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm [Christus] das Ja."

Viele messianische Juden finden ihre jüdische Identität erst nach ihrer Hinwendung zu Jesus, viele verspüren erst in ihrem Glauben an Jesus den Wunsch, nach Israel einzuwandern als Ausdruck der Verbundenheit mit dem jüdischen Volk. Diese jüdische Identität ist bestimmt durch den Glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, den Glauben an die Erwählung des Volkes Israel durch denselben und den Glauben an eine zukünftige, ewige Erlösung. Konkret äußert sich die jüdische Identität in den Festen, die an die Geschichte Israels erinnern, im Halten des Sabbats und in der religiösen Lebenspraxis im Kreis der Familie und in der Synagoge. Hinzu kommt für die jüdische Identität eine starke nationale Prägung. Die ständige Verfolgungssituation hat das jüdische Volk zusammengeschweißt, und viele messianische Juden, die in Europa aufgewachsen sind, haben während der Nazi-Zeit erfahren, was es heißt, Jude zu sein.

In der Einstellung zur jüdischen Tradition gibt es unter den messianischen Juden verschiedene Standpunkte. Extreme sind eher selten, die meisten messianischen Juden übernehmen die Traditionselemente, für die sie eine biblische Begründung finden oder denen sie eine neue Deutung innerhalb des christlichen Glaubens geben können. Manche halten auch die rabbinischen Traditionen aus Talmud und Midrasch. Sie sehen die jüdischen Traditionen nicht als Gesetz, das den Heilsweg darstellt,(50) sondern als eine Verbundenheit mit dem jüdischen Volk, als Zugehörigkeit zum im Alten Bund erwählten Volk Israel. Manche pflegen ihr jüdisches Erbe nur, um den Juden ein Jude" zu sein, andere aus einer heilsgeschichtlichen Identifikation mit ihrem Volk heraus. Im allgemeinen halten sich die messianischen Juden in den USA strenger an die jüdischen Gesetze als die in Israel. In Israel muß ein messianischer Jude sein Jude-Sein nicht so sehr verteidigen wie in den USA, weil er in Israel wie selbstverständlich als Jude angesehen wird durch die Tatsache, daß er heute oft im Lande geboren ist, den Militärdienst absolviert hat und so in die Bevölkerung integriert ist.

Ich werde nun im folgenden einige Beispiele nennen, die das Glaubensleben der messianischen Juden im Lichte der jüdischen Tradition darstellen:

Der Sabbat wird in Israel zwingend für jeden zum Ruhetag, weil hier der öffentliche Verkehr ruht und auch Büros und Geschäfte geschlossen sind. Dementsprechend feiern die meisten messianischen Gemeinden ihren Gottesdienst am Samstag. Auch die traditionelle Freitagabend-Familienfeier wird von den meisten messianischen Juden gepflegt: Man ißt im Kreise der Familie, und der Hausvater spricht einen Segen über Brot und Wein. Oft sind in diese Segenssprüche neutestamentliche Elemente eingebaut.

Die jüdischen Feste werden im allgemeinen auch eingehalten, nur daß sie z.T. einen neuen Sinn erhalten: So beten die messianischen Juden am Versöhnungstag nicht für ihre eigene Vergebung, sondern sie beten in der Fürbitte für ihr Volk. Für das Passa-Fest gibt es eine eigene messianisch-jüdische Passa-Haggada". In dieser wird in Texten und Gebeten die Passa-Erzählung auf Jesus und sein Opfer als Lamm Gottes gedeutet.(51)

Die Beschneidung des 8 Tage alten Kindes wird von fast allen messianischen Juden eingehalten,(52) als Zeichen der Zugehörigkeit zum jüdischen Volke.

Wie stehen die messianischen Juden zur außerbiblischen jüdischen Tradition (Halacha), die hauptsächlich in Mischna und Talmud überliefert ist? O. Kvarme stellt dar,(53) daß sie sich ähnlich wie die säkularisierten Juden in Israel verhalten: Sie kennen meist die Halacha gar nicht, außer wo es sich um die Regeln des Zusammenlebens in der Gesellschaft und um ererbte Sitten handelt. Die Haltung der messianischen Juden gegenüber der rabbinischen Halacha ist nach Kvarme häufig kritisch; abgelehnt wird vor allem die Vorstellung, daß die Tora und die Gebote den Weg zu Gott darstellen.
 
 

V. Die Beziehung der messianischen Juden zur Kirche

Auch wenn die messianischen Juden häufig einen kritischen Standpunkt gegenüber den etablierten Kirchen" vertreten,(54) so haben sie sich jedoch nach Kvarme in der letzten Zeit auf die evangelische Hauptströmung hin entwickelt".(55) Sie betonen durchaus ihre Teilhabe am universalen Leib Christi. So schreibt z.B. D. Juster über die Union of Messianic Jewish Congregations: Die Union schließt die Notwendigkeit einer Bestätigung durch die christliche Kirche in einer vollständigen Weise mit ein. Wir sind Teil eines universalen Leibes. Wir sind auch Teil von Israel."(56) Auch H. Samuel schreibt: Messianische Versammlungen müssen anerkennen, daß sie Teil der einen Kirche Christi sind, und müssen einen Weg finden, um diese Beziehung herzustellen."(57)

O. Kvarme unterscheidet zwei Grundhaltungen:(58) Ein Teil der messianischen Juden will zu der neutestamentlichen Urgemeinde zurückkehren und unabhängig von den kirchlichen Traditionen sein. So feiern sie z.B. viele kirchliche Feste nicht und lehnen auch eine Verwendung der altkirchlichen Bekenntnisse ab. Der andere Teil sieht sich in der Schnittfläche der zwei Kreise des jüdischen Volkes und der Kirche, was eine größere Offenheit sowohl der jüdischen wie auch der christlichen Tradition gegenüber bewirkt.

Bezüglich der Taufe wird meist die Erwachsenentaufe praktiziert mit vollem Untertauchen. Kindertaufen kommen praktisch nicht vor.(59) Manchmal lassen sich zum Glauben gekommene Juden aus Furcht vor ihren Familien nicht taufen. Dies gilt vor allem für die vielen geheimen Gläubigen", die ihren Glauben an Christus nicht offen bekennen.

Die Trinitätslehre ist ein schwieriges Gebiet für die messianischen Juden. Es kommt vor, daß sie biblische Begriffe zur Beschreibung Gottes als Vater, Sohn und heiliger Geist verwenden, altkirchliche Bekenntnisse aber ablehnen oder nur kritisch aufnehmen.(60)

In der Christologie wird unter den messianischen Juden im allgemeinen Jesus als Sohn Gottes, als wahrer Mensch und wahrer Gott angesehen, ohne daß diese Begriffe aber im Sinne der Zwei-Naturen-Lehre gefaßt werden.(61) Es kann unter messianischen Juden die Tendenz vorkommen, die Messianität Jesu auf Kosten seiner Göttlichkeit überzubetonen, was allerdings sehr selten der Fall ist.(62)

Unter manchen messianisch-jüdischen Gruppierungen findet sich eine Tendenz zur Gesetzlichkeit. Es werden in solch einem Falle weniger die Heidenchristen genötigt, sich an das jüdische Gesetz zu halten. Vielmehr wird dann von den anderen messianischen Juden vorausgesetzt, daß sie das jüdische Erbe bewahren, und solche Gruppen werden kritisiert, die sich mehr an die heidenchristliche Tradition halten. Hier besteht die Gefahr, daß die Einheit mit dem jüdischen Volk auf Kosten der Einheit mit dem heidenchristlichen Teil des Leibes Jesu (Eph 2,14) geht.

O. Kvarme weist auf diese Tendenzen hin, warnt jedoch die heidenchristliche Kirche, die messianischen Juden deshalb zu isolieren: Anstelle von Abstand und Skepsis brauchen die messianischen Juden jedoch Hilfe und Verständnis aus der übrigen christlichen Kirche."(63)
 
 

VI. Das Sendungsbewußtsein der messianischen Juden gegenüber Israel, der Kirche und der Welt

Einen Teil des Selbstverständnisses der messianischen Juden bildet ihr Sendungsbewußtsein dem jüdischen Volk, der Kirche und der ganzen Welt gegenüber. Dieses Sendungsbewußtsein der messianischen Juden findet seinen Ausdruck in der Weitergabe des Evangeliums, es bezieht aber auch sehr stark die irdischen" Komponenten der Heilsgeschichte ein: So reisen z.B. viele messianische Juden in die Sowjetunion, um die dortigen Juden zur Rückkehr nach Israel zu ermutigen.(64)

1) Das Sendungsbewußtsein der messianischen Juden dem eigenen Volk gegenüber
 
 

a) Beispiele der Begründung von Evangelisation unter Juden

The Thailand Report on Jewish People,(65) eine Erklärung einer Gruppe von Juden- und Heidenchristen aus dem Jahre 1980, begründet die Evangelisation unter Juden mit den Schriftstellen Johannes 14,6 und Apostelgeschichte 4,12, die beide die Ausschließlichkeit der Errettung in Jesus Christus darstellen.(66) Für die Begründung der Priorität der Evangelisation unter Juden werden Römer 1,16 sowie die Tatsache herangezogen, daß die Berufung des jüdischen Volkes als Licht der Nationen" nur bei einer Hinwendung der Juden zu Christus eingegangen werden kann: Auch Paulus habe in der Bekehrung des jüdischen Volkes zu Christus einen lebensspendenden Einfluß auf die ganze Kirche gesehen (vgl. Röm 11,12.15). Aus diesem Grund mahnt die Erklärung die Kirche, den Dienst unter den Juden wiederaufzunehmen.(67)

D. Juster führt aus, daß jeder Mensch für seine Reaktion der Offenbarung gegenüber, die Gott ihm gibt, verantwortlich sei.(68) Die Juden des AT hatten das AT als Offenbarung, und sie konnten im Glauben auf den Abrahamsbund reagieren. Auch auf den Neuen Bund können sie nur reagieren, wenn er ihnen offenbart wird. Dieser Neue Bund (Jer 31 und Hes 36), der im Blute Jesu aufgerichtet wurde, gelte nun aber gerade Israel(69) und er sei auch notwendig für die Israeliten, damit das Gesetz ihnen auf das Herz geschrieben ist. Deshalb sei das Evangelium für alle, zuerst aber für die Juden (Röm 1,16), und deshalb sei Paulus immer zuerst in die Synagogen gegangen.

David Stern beantwortet die Frage, warum das Evangelium auch für die Juden gültig ist, folgendermaßen: Weil es wahr ist und weil es notwendig ist - ohne Yeschua ist das jüdische Volk, genauso wie die Völker, bestimmt zur ewigen Vernichtung; mehr noch: Ohne Yeschua, den wahren Messias des jüdischen Volkes, wird das jüdische Volk seine eigenen herrlichen Ziele, die in der Schrift verheißen werden, nicht erreichen. Juden das Evangelium nicht zu verkündigen ist die schlimmste antisemitische Tat von allen."(70)

Ruben Berger schließlich führt aus: Israels wahre Identität liegt einzig und allein in Christus. Trotz aller Verheißungen ist Israel außerhalb von Christus, soweit es das Leben aus Gott betrifft, nur eine Ansammlung kultivierter Ölbaumzweige, ausgebrochen aus dem Baum ihres Erbes."(71)
 
 

b) Schwierigkeiten für Juden, den Glauben an Jesus Christus anzunehmen

Zunächst soll hier der Weg einiger Juden zum christlichen Glauben beschrieben werden:

Der 1960 nach Israel eingewanderte Sohn KZ-geschädigter Eltern, Arie Ben Israel, hatte in seiner Jugend die Demütigung durch seine christlichen Mitschüler erlebt und besaß einen tiefen Haß gegen die Christen und gegen die Deutschen.(72) Dennoch wollte seine israelische Frau ihre Hochzeitsreise nach Deutschland unternehmen. So traf er 1973 in der Münchner Innenstadt auf eine Gruppe, die christliche Lieder sang. Ein Mädchen sagte zu ihm: Jesus liebt dich". Daraufhin spuckte er ihr vor die Füße und schleuderte ihr alle Beschuldigungen entgegen, die er gegenüber den Christen hatte. Er erwähnte die Kreuzzüge, die spanische Inquisition und die Pogrome in Rußland. Das Mädchen sagte zu ihm: Ja, ich bin schuldig, wie meine Väter."(73) Sie sagte ihm weiter, er könne sie verhöhnen, schlagen und töten - Jesus würde ihn dennoch lieben. Dieses Erlebnis ließ Ben Israel nicht mehr los; wenige Tage später kaufte er sich eine Bibel, las sie und nahm Jesus Christus als seinen Erlöser an. Seine Frau ließ sich daraufhin von ihm scheiden, und seine Mutter verwehrte ihm den Zugang zum Haus. Später heiratete Arie Ben Israel eine deutsche Frau und arbeitete in Deutschland als Leiter des von ihm gegründeten Werkes Ruf zur Versöhnung" in Laubach. Ruf zur Versöhnung" organisiert Konferenzen, die ein Zeichen der Buße und Versöhnung in Deutschland sein wollen (z.B. 1985 in Nürnberg auf dem ehemaligen Reichstagsgelände), hilft KZ-geschädigten Israelis und finanziert Flüge von russischen Juden nach Israel. Ben Israel schreibt: Es war und ist mir ein besonderes Anliegen, daß die Christenheit zu ihren Wurzeln zurückkehrt, woraus die Kraft zum Widerstand gegen den Geist des Antichrist erwächst und die Liebe Jesu zum Durchbruch kommt. Deshalb sieht meine Arbeit Ruf zur Versöhnung' die wichtigste Aufgabe darin, den Gemeinden und christlichen Kreisen in der Weise zu dienen, daß Schuld und Versagen bewußt gemacht werden, [...] um [...] Heilung [...], besonders im Verhältnis von Israel und Deutschland, wie auch im Christlich-Jüdischen Dialog zu erlangen."(74)

Als ein Jude zu Ben Israel sagte, er sei ein Missionar, antwortete er: Ja, ich bin ein Missionar. Ich spreche überall in Kirchen über das, was Gott tut in Israel, um eine Liebe für das Volk Israel zu wecken."(75)

Im Jahre 1937 erfuhr der in Rumänien lebende deutsche Zimmermann Wölfkes die Erhörung seines Gebetes, in dem er lange Zeit täglich Gott gebeten hatte, einen Juden zum Glauben führen zu dürfen: Der Jude Richard Wurmbrand kam in sein Dorf.(76) Wölfkes gab ihm eine Bibel zu lesen und betete täglich viele Stunden lang mit seiner Frau um Wurmbrands Errettung. Wurmbrandt schreibt selbst in seinem Lebenszeugnis: Wölfkes ließ die Bibel und seine Gebete in meinem Herzen wirken. Er sprach kaum mit mir."(77) Erst nach langer Zeit redete Wölfkes mit ihm über die Erfüllung der messianischen Verheißungen in Jesus und über die Liebe Gottes, die dieser immer noch für sein Volk Israel hat. Er führte ihn auch mit anderen christusgläubigen Juden zusammen, und bald nahm Wurmbrand den Glauben an Christus an.

Benjamin Berger, Sohn orthodoxer jüdischer Eltern, glaubte nicht an die Existenz Gottes, da die Juden so viel Schlechtes erlebt hatten.(78) Da verspürte er eines Tages, als er über sein Leben nachsann, in seinem Zimmer eine Gegenwart, von der er erst nicht wußte, was es war. Er berichtet: Dann redete Gott zu mir. Er sagte, daß Er der lebendige Gott sei, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Und dann vernahm ich den Namen Jesus'. Ich war erschüttert. Ohne das Neue Testament zu kennen, wußte ich in meinem Innern, daß Jesus die Wahrheit ist."(79) Heute ist Berger Pastor einer messianisch-jüdischen Gemeinde in Jerusalem.

Neben die Jüdin Lily Wreschner (geb.1908), die in Zürich Psychologie studierte, setzte sich in einer Vorlesung immer eine tiefgläubige Christin.(80) Später erfuhr Frau Wreschner, daß die Christin begonnen hatte, zusammen mit ihrem Pfarrer für sie zu beten. Eines Tages riet die Christin Frau Wreschner, mit ihren Problemen zu ihrem Pfarrer zu gehen. Nach einigem Widerstand ging Frau Wreschner zu ihm. Dieser hörte ihr einfach zu, und das während vieler Besuche. Einmal betete er nach dem Gespräch, und Frau Wreschner spürte so sehr die Anwesenheit Gottes, daß ihr Atheismus augenblicklich zusammenbrach. Von da an fing sie wieder an zu beten. Als sie aus Zürich wegzog, bedankte sie sich bei dem Pfarrer, daß er ihr geholfen hatte, den Glauben an ihren jüdischen Gott wiederzufinden. Die Antwort des Pfarrers: Meinen Sie, daß ich Ihnen hätte helfen können ohne Christus", machte Frau Wreschner wütend, denn bis dahin waren ihre Ohren noch ganz verschlossen [...] für den Namen Christi".(81) An einen anderen Ort umgezogen, besuchte sie die dortige Gemeinde. Der Pfarrer jener Gemeinde riet ihr, das Neue Testament zu lesen. Sie tat das und nahm im Laufe der Lektüre den Glauben an Christus an.

Auffallend bei allen diesen Zeugnissen von messianischen Juden ist, daß die Christen, mit denen sie Kontakt hatten, durchgehend eine tiefe Liebe zum jüdischen Volk besaßen und ihre Hauptaufgabe darin sahen, ausdauernd für diese Juden zu beten und ihnen eine Bibel zu geben. Erst nach langer Zeit und wenn sie eine Offenheit dafür verspürten, führten die Christen dann auch Gespräche über die in Jesus erfüllten Messiasverheißungen und über die bleibende Erwählung Israels. Diese Christen wußten um die Schwierigkeiten der Juden, wenn diese mit dem Evangelium konfrontiert werden. In der Vorstellung der Juden der westlichen Welt ist ein Christ jemand, der nicht Jude, also Heide ist. Denn wie die Juden durch ihre Geburt Juden sind, so sind nach ihrer Meinung auch die Christen durch ihre Geburt Christen. Juden, die den christlichen Glauben annehmen, werden dementsprechend als solche angesehen, die zum (nichtjüdischen) Heidentum übertreten.(82) Deshalb werden diese Juden, die den Glauben an Christus annehmen, von ihren Mitjuden häufig als Verräter angesehen, als solche, die zum Feind übergelaufen" sind. Die Sicht der Kirche als das feindliche Lager hat seinen Grund in den Erfahrungen der Juden mit der Kirche, von der sie meist nur Spott und Verfolgung ernteten. Infolge dieser Ablehnung des christlichen Glaubens durch Juden gibt es im heutigen Judentum den Brauch, daß die jüdische Familie das Kind, das den christlichen Glauben annimmt, ausstößt und symbolisch einen Sarg im Hause aufstellt: Der Sohn oder die Tochter ist für diese Familie tot".(83)

Das heutige Judentum ist mehr vom rabbinischen Judentum geprägt als vom Alten Testament. In den rabbinischen Schriften finden sich meist negative Aussagen über Jesus und über den christlichen Glauben. Die folgende Aussage des ehemaligen badischen Landesrabbiners N. P. Levison zeigt die Angst des rabbinischen Judentums, Juden durch den Übertritt zum christlichen Glauben zu verlieren: Viele Jahre hindurch versuchten Missionsgesellschaften, dem Judentum das Lebensrecht zu nehmen. [...] Daß ich vor einigen Jahren die Mission unter Juden als die Endlösung mit anderen Mitteln' bezeichnet hatte, wurde als wenig hilfreich angesehen und bewirkte nur ungläubiges Staunen. Sicherlich wußte man nicht, daß in der jüdischen Tradition Untreue gegenüber dem eigenen Glauben für schlimmer angesehen wird als körperliche Vernichtung."(84)

Eine weitere Barriere in Bezug auf den christlichen Glauben bildet die Betonung der exklusiven Einzigkeit Gottes im Judentum, was die Vorstellung von der Gottheit Jesu auszuschließen scheint. Hier erwidern die messianischen Juden jedoch häufig, daß das AT nicht von einem exklusiven Monotheismus rede, sondern auch Interpretationen einer Vielheit in der Einheit Gottes zulasse. So könne z.B. das hebräische ächad aus der wichtigen jüdischen Bekenntnisformel JHWH ächad (der HERR ist einer; 5. Mo 6,5) durchaus im Sinne eines Plural verstanden werden, was die übrige Verwendung der Vokabel im AT zeige: So werden z.B. Adam und Eva zu einem Fleisch" (l'basar ächad; Gen 2,24) und Hesekiel fügt auf Gottes Weisung hin zwei Hölzer zusammen, damit sie ein Holz werden (ächad; Hes 37,17). JHWH ächad wäre also eher zu übersetzten: Der HERR allein!" in dem Sinne, daß JHWH allein Israels Gott ist, und nicht die Götzen der Völker, die Israel umgaben.(85)

Die messianischen Juden kennen diese Schwierigkeiten, die Juden haben, wenn sie zum Glauben an Christus kommen wollen, aus eigener Erfahrung. Sie können diese deshalb berücksichtigen, wenn sie anderen Juden das Evangelium weiterreichen.
 
 
 
 

c) Die Form der Evangelisation

Im Teil I seines Buches Restoring the Jewishness of the Gospel legt David Stern die Notwendigkeit dar, das Evangelium für die Juden zu kontextualisieren.(86) Er gibt aber zu bedenken: Nichtsdestoweniger ist es eigentlich absurd, ja sogar falsch, über die Kontextualisierung des Evangeliums für Juden zu reden, denn das Evangelium war vollkommen jüdisch bei seiner ersten Erscheinung! Wenn die Wurzeln des Christentums jüdisch sind und wenn das Evangelium selbst seinem Wesen nach jüdisch ist, warum sollte die Notwendigkeit bestehen, es für Juden zu kontextualisieren? Die Antwort ist, daß dies nicht notwendig ist - vorausgesetzt, daß das Evangelium tatsächlich so verkündigt wird, wie es das Neue Testament versteht. In Wirklichkeit mußte das Evangelium für die Nationen kontextualisiert werden! Das war Scha'uls [Paulus'] Amt. [...] Die spätere Geschichte, die zu dem Ergebnis führte, daß Juden wie die Nationen werden mußten(87), um messianisch zu werden, zeigt, wie weit die Praxis abgeirrt ist von den Grundsätzen, die Scha'ul im Neuen Testament dargelegt hat."(88)

Stern beschreibt weiter, daß die jüdische Religion soziologisch gesehen eine Kultur unter anderen ist. Theologisch gesehen sei sie es aber nicht, weil Gott die Juden auserwählt hat, um der Welt die Errettung zu bringen. Um Juden zu evangelisieren, dürfe man deshalb das Evangelium nicht so bringen, wie man es zu den Nicht-Juden bringt, mit den heidnischen Elementen, die die Kirche aufgenommen hat, sondern den Juden müsse ein Evangelium verkündigt werden, welches ihnen gegenüber theologisch korrekt ist.(89) Wir haben oben schon gesehen, daß für Stern das Evangelium für die Juden die Verheißungen Gottes für das jüdische Volk als Volk mit einschließt.

Die Verheißungen Gottes an das jüdische Volk sind nach Stern Schlüsselelemente im christlichen Glauben, wie er von messianischen Juden verstanden wird. Ein Evangelium, das nichts über diese Verheißungen auszusagen habe, sei ein Evangelium, das wenige Juden annehmen könnten. Das jüdische" Evangelium von Jesus, dem Messias, bestätige die Verheißungen an das jüdische Volk, denn durch ihn sind sie das Ja", d.h. werden sie erfüllt.(90)

Bei der Verkündigung des Evangeliums unter Juden wird von den messianischen Juden meist jüdisches Traditionsmaterial verwendet (AT, jüdische Erzählungen etc.), um zu zeigen, daß das Evangelium aus jüdischen Wurzeln kommt und nicht für die Heiden alleine, sondern zuerst für die Juden" (Röm 1,16) ist. Bis 1977 wurde für das hebräische NT die Übersetzung von Franz Delitzsch (erschienen 1877) verwendet. 1977 brachte die israelische Bibelgesellschaft das NT in modernem Hebräisch heraus. Es werden auch Traktate und Bibeln bei der Evangelisationsarbeit verwendet. Die Traktate behandeln meistens das Thema der Messianität Jesu, die sie anhand von alttestamentlichen und neutestamentlichen Bibelzitaten nachweisen. Die Bibeln enthalten oft eine Auflistung von alttestamentlichen Verheißungen und neutestamentlichen Erfüllungen, womit zu zeigen versucht werden soll, daß das NT kein heidnisches" Buch ist.

Seit 1986 marschieren die messianischen Juden auf der allgemeinen Parade, die jährlich während des Laubhüttenfestes in Jerusalem stattfindet, mit. 1986 waren es nur 19, 1988 schon 210 Personen. Sie tragen T-shirts mit der Aufschrift: Messianische Juden" und Jesus ist der Messias" und bezeugen damit ihren Glauben in der Öffentlichkeit.

Jakob Damkani, ein vollzeitig tätiger Evangelist in Israel, sieht seine Aufgabe vor allem in der vorbereitenden Evangelisation: Er macht den Leuten den Unterschied zwischen sogenannten" Christen und echten" Christen klar. Wichtig ist für ihn zunächst einmal, unter Juden folgendes Verständnis zu wecken: [...] sie sollen verstehen, daß Jesus nicht mit zweitausend Jahren Holocaust gleichzusetzen ist".(91)
 
 

d) Opposition gegen evangelistische Tätigkeit in Israel

Für orthodoxe Juden stellen die messianischen Juden eine Bedrohung für das nationale Überleben und für die Stabilität und Einheit des Volkes dar. Deshalb wurde 1977 ein sog. Anti-Missionsgesetz erlassen,(92) von dem aber bis heute nie Gebrauch gemacht wurde. Die gegen Mission aktivste Gruppe ist Jad le-Achim, eine Organisation von orthodoxen Juden. Manchmal wurden Gebäude niedergebrannt, häufiger wird Telefonterror angewendet, bei dem messianische Juden anonym angerufen werden. Der israelische Staat hat von diesen Gewaltanwendungen immer Abstand genommen und oft materiellen Schadenersatz geleistet. Viele messianische Juden warnen auch davor, diese Opposition zum Anlaß für Antisemitismus zu nehmen.
 
 

e) Der jüdisch-christliche Dialog

Seit dem Zweiten Weltkrieg sind das Judentum und das Christentum in eine Phase des intensiven Dialogs getreten. In der Kirche existiert heute ein verstärktes Interesse am Judentum und den jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens. Auch bei den Juden zeigt sich heute ein größeres Interesse am irdischen Jesus, vor allem in akademischen Kreisen. Von Männern wie Schalom Ben-Chorin, Pinchas Lapide und David Flusser wurde das Jude-Sein Jesu wieder neu betont.(93) Viele Juden sehen Jesus inzwischen als einen herausragenden Propheten an und sind stolz, daß er ein Jude war.

Leider werden die messianischen Juden in diesen akademischen Dialog nicht einbezogen. Oft tritt auch der Dialog bei den Christen an die Stelle der Mission und trägt einen deutlichen antimissionarischen Charakter. Dies können wiederum die messianischen Juden nicht akzeptieren, weil sie in ihrem eigenen Leben die Realität Jesu Christi erfahren haben und sich diese auch für andere Juden wünschen. So halten sie selbst sich meist von dem Dialog fern.
 
 
 
 

2) Das Sendungsbewußtsein der messianischen Juden gegenüber Heiden und nichtjüdischen Christen

Das Sendungsbewußtsein der messianischen Juden bezieht sich nicht nur auf ihre Volksgenossen, sondern ebenso auf die gojim, die Heiden. Paulus ist hierfür das prägnanteste Beispiel: Er sah sich berufen als Heidenapostel und trug das Evangelium in die ganze Mittelmeerwelt.

Auch gegenüber der übrigen Kirche haben die messianischen Juden ein Sendungsbewußtsein. So hat z. B. David Jaffin einige Bücher geschrieben, die der Kirche ihre Wurzel Israel näherbringen und Bezüge zwischen Altem und Neuem Testament herstellen sollen.(94) Die messianischen Juden sehen bei den Christen einen Nachholbedarf" an korrekter biblischer Lehre zum Thema Israel". Aus diesem Grunde reisen viele messianische Juden in europäische Länder, um hier in Gemeinden Vorträge über das Thema Israel" zu halten.(95) Das Sendungsbewußtsein der messianischen Juden gegenüber den Nichtjuden hat also zwei Formen: Die Verkündigung des Evangeliums und die Verkündigung des Ratschlusses Gottes mit Israel.(96)

1. 1 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 60.

2. 2 Jewish Roots von Daniel JUSTER und die beiden Werke Restoring the Jewishness of the Gospel und Messianic Jewish Manifesto von David STERN.

3. 3 Es sei hier nur kurz erwähnt, daß es neben der Covenant theology in gewissen protestantischen Kreisen die sog. Dispensational theology gibt, die die Erfüllungen der Verheißungen am alten Bundesvolk Israel bejaht, dieses aber völlig von der Kirche trennt - der Kirche gehören dann alle geistlichen Verheißungen und dem Volk Israel alle irdischen. Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 43f.

4. 4 Engl. Olive Tree theology. Vgl. D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 25.

5. 5 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 87.

6. 6 Unter evangelikal" verstehe ich diejenigen Gruppierungen der Christenheit, die aus der Tradition der Erweckungen kommen, die Schrift als höchste Autorität ansehen und ein starkes Gewicht auf den persönlichen Glauben legen. Vgl. E. GELDBACH, Art. Evangelikale Bewegung", in: Evangelisches Kirchenlexikon (3. Aufl.) Bd. 1, Sp. 1187f.

7. 7 Wie auch das Judenchristentum der ersten Jahrhunderte es tat, vgl. STRECKER, Art. Judenmission", in: TRE 17, S. 321.

8. 8 Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind". Die Vokabel bis" könnte andeuten, daß Jesus hier eine Zeit verheißt, in der Jerusalem nicht mehr in heidnischer Hand ist, also wieder in jüdischen Besitz übergeht. Vgl. z. B. R. L. SAUCY, God has not rejected his people, has he? - A theology of hope, S. 7: Das kleine Wort bis' deutet ein Ende der gegenwärtigen Zeit des Gerichtes und eine Umkehrung des Schicksals dieser Stadt an."

9. 9 Vgl. z. B. die Aussage des Erzbischofs von Paris, Jean Marie Lustiger, am 4.2.1981: Die Entscheidung, Christ zu werden, ist mir nicht als Verleugnung, sondern als Bekräftigung einer jüdischen Identität erschienen [...]. Ich bin Jude und werde dies auch bleiben [...]. Für mich besteht die Berufung Israels darin, daß das Licht den Nichtjuden gebracht wird [...]. Ich bin der Meinung, daß ich, indem ich auf meine Weise ein Jünger Christi bin, in diesen Plan Gottes eintrete, dadurch, daß ein Teil der Verheißung verwirklicht ist." (zit. in: R. PFISTERER, Von A bis Z, S. 72).

10. 10 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 35 und D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 21.

11. 11 Vgl. D. STERN, Messianic Jewish Manifesto, S. 4.

12. 12 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 6.

13. 13 Vgl. D. JUSTER, ebd., S. 2-6.

14. 14 D. JUSTER, ebd., S. 5.

15. 15 D. JUSTER, ebd., S. 3.

16. 16 Vgl. D. STERN, Messianic Jewish Manifesto, S. 100.

17. 17 D. STERN, ebd., S. 100.

18. 18 Ebd., S. 13.

19. 19 Vgl. den Sühnedienst des Hohepriesters für das Volk 3. Mo 16,15ff.

20. 20 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 9f. Herv. D. J.

21. 21 Vgl. JUSTER, ebd., S. 20-23.

22. 22 Vgl. D. JUSTER, ebd., S. 21.

23. 23 D. JUSTER, ebd., S. 21f. Herv. D. J.

24. 24 B. MAOZ: Christen und Juden: Getrennte Wege zum gleichen Ziel? Zur Lehre von den Zwei Wegen", in: A. BURCHARTZ - B.MAOZ, Israel - unsere Liebe. Beiträge zur gegenwärtigen Diskussion um eine Erneuerung des Verhältnisses zwischen Christen und Juden, S. 22f.

25. 25 B. MAOZ, ebd., S. 24.

26. 26 Vgl. D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 34.

27. 27 D. STERN, ebd., S. 34 (Herv. A. H.).

28. 28 Vgl. D. STERN, ebd., S. 35.

29. 29 Vgl. D. STERN, ebd., S. 35f.

30. 30 D. STERN, ebd., S. 36.

31. 31 Vgl. D. STERN, ebd., S. 39.

32. 32 Vgl. D. STERN, ebd., S. 42f.

33. 33 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 69. Juster führt zuvor aus, daß die Apostel- geschichte den Kontext bietet für das Verständnis der Epistel. Diese seien in eine bestimmte Situation hineingeschrieben, und fehlendes Verständnis für diese Situation könne zu Mißverständnissen führen (vgl. ebd., S. 68). Weiter schreibt er: Dies ist also die Streitfrage in der Apostelgeschichte: Sind Nichtjuden von Gott vollkommen angenommen in Yeschua, ohne daß sie die Berufung der Nation Israel annehmen? Es ist nie eine Streitfrage, ob Juden dazu gerufen sind, ihre Berufung als Teil der Nation Israel aufzugeben mitsamt ihrer Ausübung des jüdisch-biblisch-nationalen Erbes. Es wird vorausgesetzt, daß sie als Juden ihr Erbe in einer mit der Bibel übereinstimmenden Weise bewahren" (ebd., S. 74. Herv. D. J.).

34. 34 D. JUSTER, ebd., S. 31.

35. 35 Im Richterbuch wird das Verb tatsächlich für beide Bedeutungen gebraucht (vgl. W. GESENIUS, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, S. 857). Das garantiert nicht, daß µ hier ebenfalls in diesem doppelten Sinn gemeint ist, macht aber diese Deutungsmöglichkeit denkbar.

36. 36 R. L. SAUCY, God has not rejected his people, has he? A theology of hope, S. 25f.

37. 37 D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 45.

38. 38 Vgl. D. STERN, ebd., S. 43f.

39. 39 Vgl. z.B. Apg 18,18; 25,8; 1Kor 9,20.

40. 40 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S.74. Vgl. auch K. KJAER-HANSEN - Ole KVARME, Messianische Juden in Israel, S. 22.

41. 41 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 133.

42. 42 Vgl. D. JUSTER, ebd., S. 27.

43. 43 D. JUSTER, ebd., S. 17.

44. 44 D. STERN, Jewish New Testament. A translation of the New Testament that expresses its Jewishness.

45. 45 Vgl. D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 47.

46. 46 Vgl. D. STERN, ebd., S. 47.

47. 47 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 120f.

48. 48 D. JUSTER, ebd., S. 121.

49. 49 Vgl. D. JUSTER, ebd., S. 121.

50. 50 Vgl. z.B. D. Juster, der schreibt: Wenn wir im Geist sind, dann sind wir nicht länger unter dem Gesetz als einem furchtbaren Anweiser, hoffend, daß wir ewiges Leben durch unsere Werke erlangen." (D. JUSTER, Jewish Roots, S. 109. Herv. D. J.). Wir [...] sind abhängig von der Kraft des Sühnopfers Christi [...] und wissen, daß wir allein in Yeschua gerecht erachtet werden" (ebd., S. 51).

51. 51 Vgl. z.B. A. BURCHARTZ - O. KVARME: Passah und Abendmahl. Eine Hilfe für Christen. Evangeliumsdienst für Israel, Leinfelden-Echterdingen 21990, S. 41-55.

52. 52 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 87.

53. 53 Vgl. ebd., S. 90-92.

54. 54 Ebd., S. 37.

55. 55 Ebd., S. 38.

56. 56 D. JUSTER, The History of the Union of Messianic Jewish Congregations (U.M.J.C.), in: Mishkan 2 (1985), S. 68.

57. 57 H. SAMUEL, The History of the International Hebrew Christian Alliance, in: Mishkan 14 (1991), S. 78f.

58. 58 K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 99f.

59. 59 Vgl. ebd., S. 116.

60. 60 Vgl. The Thailand Report on Jewish People, S. 12.

61. 61 Vgl. ebd.

62. 62 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 104f.

63. 63 Ebd., S. 11.

64. 64 Vgl. z.B. Steven LIGHTLE, Der II. Exodus. Norden gib heraus!, S. 51ff.

65. 65 The Thailand Report on Jewish People. Report of the Consultation on World Evangelization. Mini-Consultation on Reaching Jewish People. Held in Pattaya, Thailand from 16-27 June 1980. Lausanne Committee for World Evangelization, Wheaton (Illinois) 1980.

66. 66 Vgl. The Thailand Report on Jewish People, S. 5.: Die Schrift liefert die vernunftgemäßen Gründe für die Evangelisation unter Juden in Joh 14,6 und Apg 4,12, wo darauf hingewiesen wird, daß Errettung alleine in Christus gefunden wird. Wenn Christen, obwohl sie wissen, daß Christus der einzige Weg zur Errettung ist, Juden das Evangelium nicht verkünden, setzen sie voraus, daß Juden von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Errettung in Jesus Christus ausgeschlossen sind. Dies ist Widerspiegelung eines unangemessenen biblischen und theologischen Verständnisses. Der in allen vier Evangelien gegebene Missionsbefehl macht für Israel keine Ausnahme. Die Ablehnung der Verkündigung des Evangeliums unter Juden stellt die Glaubwürdigkeit der gesamten evangelistischen Tätigkeit der Kirche in Frage."

67. 67 Vgl. ebd., S. 5.

68. 68 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 170f.

69. 69 Vgl. Jer 31,31: [...] da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen".

70. 70 D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 68.

71. 71 B. und R. BERGER, Israel und die Kirche. Endzeitliche Perspektiven, S. 90.

72. 72 Vgl. A. BEN ISRAEL, Weg und Auftrag. Wie die Liebe den Haß besiegte, Laubach 1990.

73. 73 Ebd., S. 10.

74. 74 Ebd., S. 22f.

75. 75 A. BEN ISRAEL, Wie soll sich ein gläubiger Christ gegenüber Israel verhalten? 1989, Audio-Kassette.

76. 76 Vgl. R. WURMBRAND, Christus auf der Judengasse, S. 21-24.

77. 77 Ebd., S. 22.

78. 78 Vgl. das Zeugnis Benjamin Bergers in dem Video Christus-Glaube unter Juden in Israel.

79. 79 Ebd.

80. 80 Vgl. L.WRESCHNER, Wie Gott mein Suchen nach Wahrheit erfüllte, S. 5-14.

81. 81 Ebd., S. 8.

82. 82 Mit Heiden" sind hier nicht die Anhänger von Naturreligionen gemeint, engl. heathen, sondern die nichtjüdischen (christlichen) Völker, engl. gentiles.

83. 83 Vgl. R. WURMBRAND, Christus auf der Judengasse, S. 45. Vgl. auch die Aussage des messianischen Juden Stan Telchin, in: Ders., Verraten!, S. 12: Den Namen Jesu überhaupt zu erwähnen, ist für uns völlig undenkbar. Wenn ein Jude an Jesus als den Messias glaubt, ist das Verrat an unserem Volk. Es bedeutet, daß man zum Feind überwechselt und das Gedächtnis aller unserer Vorfahren der letzten 2000 Jahre schändet."

84. 84 Dr. N. P. LEVISON , Die Intifada und die Berliner Mission, Artikel in der allgemeinen jüdischen Wochenzeitung vom 19. Sept. 1990.

85. 85 Zum ganzen vgl. R. B. ALLEN, Trinitarianism: How the God of Scripture differs from the God of the Rabbis (Shema` Theology"), S. 6 u. 14f.

86. 86 D. h. das Evangelium dem Kontext der Kultur der Juden anzupassen.

87. 87 Engl. Gentilized

88. 88 D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 11 (Herv. D. S.)

89. 89 Vgl. D. STERN, ebd., S. 13.

90. 90 S. 2Kor 1,20. Vgl. D. STERN, ebd., S. 38 und S. 43.

91. 91 J. DAMKANI, Trumpet of Salvation to Israel, Video-Kassette VHS.

92. 92 Wer Geld, vergleichbare Werte oder andere materielle Güter mit der Absicht gibt oder verspricht, eine Person zu überreden, daß sie die Religion einer anderen zu verändern versucht, wird zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt oder zu einer Geldstrafe von 50.000 israelischen Pfund." (zit. in Kai KJAER-HANSEN - Ole KVARME, Messianische Juden, S. 141).

93. 93 Vgl. P. LAPIDE - U. LUZ, Der Jude Jesus. Thesen eines Juden, Antworten eines Christen, Zürich - Einsiedeln -Köln 1979 und Schalom Ben-Chorin, Bruder Jesus. Der Nazarener in jüdischer Sicht, München 1967.

94. 94 Vgl. z. B. D. JAFFIN, Israel am Ende der Tage, Bad Liebenzell 21987. Vgl. ebenso das an Heidenchristen gerichtete Buch Restoring the Jewishness of the Gospel von D. STERN.

95. 95 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 98.

96. 96 Ebd., S. 258.

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